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Zwischen Sicherheit und Sozialpolitik: Ecuador wählt

Am 13. April 2025 sind fast 14 Millionen Ecuadorianerinnen und Ecuadorianer zur Stichwahl aufgerufen, um über die künftige Führung des Landes zu entscheiden. Amtsinhaber Daniel Noboa und die linke Herausforderin Luisa González lieferten sich in der ersten Wahlrunde ein überraschend knappes Rennen – beide kamen auf rund 44 Prozent der Stimmen. Entgegen vorherigen Umfragen, die Noboa einen klaren Sieg prophezeit hatten.

Seit seinem Amtsantritt 2023 setzt Noboa auf eine Politik der „harten Hand“ gegen die wachsende Kriminalität: Militär auf den Straßen, verstärkte Kontrolle der Gefängnisse und der Kampf gegen Banden. Zwar verweist er auf erste Erfolge wie sinkende Mordraten, doch Kritiker bezweifeln, dass seine Sicherheitsstrategie langfristig greift. Sie werfen ihm vor, eher auf Symbolpolitik als auf nachhaltige Lösungen zu setzen.

Luisa González verfolgt einen anderen Kurs. Die Juristin, unterstützt vom umstrittenen Ex-Präsidenten Rafael Correa, sieht die Ursachen der Gewalt in sozialen Missständen: Armut, Perspektivlosigkeit, schwache staatliche Strukturen. Sie setzt auf Investitionen in Bildung, Gesundheitsversorgung und soziale Programme. Nur wer den Menschen echte Chancen bietet, könne Gewalt dauerhaft eindämmen, so González. 

Der Ton im Wahlkampf war scharf. Inhalte traten oft in den Hintergrund, stattdessen dominierten gegenseitige Vorwürfe und persönliche Angriffe. Die politische Debatte spiegelt die gesellschaftliche Spaltung wider, die in vielen Bereichen des Landes spürbar ist.

Auch die katholische Kirche hat sich in einem öffentlichen Schreiben zu Wort gemeldet. Die Bischöfe rufen zur aktiven und verantwortungsvollen Wahlteilnahme auf und mahnen zur Überwindung von Hass, Polarisierung und Gewalt. Es sei an der Zeit, „wieder Brüder und Freunde zu sein, frei von Rache und eigennützigen Interessen“. Die Politik müsse sich an ethischen Prinzipien orientieren und dem Gemeinwohl dienen – mit Priorität für soziale Gerechtigkeit, Bildung, Gesundheit und den Schutz der Schwächsten. Der Wahlsonntag, so hoffen die Kirchenvertreter, solle ein „Fest der Demokratie“ werden, bei dem die Stimme jedes Einzelnen zählt.

Hinzu kommt die wirtschaftliche Lage. Ecuador steckt in einer Krise. 2024 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt leicht, über ein Viertel der Bevölkerung lebt in Armut. Vor allem in ländlichen Gebieten mangelt es an Arbeit, Infrastruktur und staatlicher Präsenz. Viele Menschen haben das Vertrauen in die Politik verloren. 

Die Stichwahl entscheidet nicht nur über das Präsidentenamt, sondern über den politischen Kurs eines Landes im Umbruch. Ecuador steht zwischen harter Hand und sozialem Ausgleich, zwischen Angst und Hoffnung. Die Erwartungen an den Wahlausgang sind hoch – und die Herausforderungen, die auf den künftigen Präsidenten oder die künftige Präsidentin warten, gewaltig.